Es ist Freitag früh, wir haben um 1 Uhr morgens den Pt. de Raz bei Gegenstrom passiert, jetzt weht der Wind exakt aus Richtung des Point de Penmarc’h, der Landspitze welche das südliche Ende der Bucht von Audierne darstellt. Nach einem kurzen Schlag in Richtung Audierne schlägt bei mir die Müdigkeit zu und ich wende in Richtung offener See um ein wenig zu schlafen. Der Autopilot ist im Windmodus und steuert dem scheinbaren Windwinkel nach, ein Modus der gut für maximale Geschwindigkeit ist, aber bei Winddrehern blöd ist weil das Boot entsprechend mit dem drehenden Wind mitfährt. Genau das passiert mir diese Nacht, ich verschlafe (wörtlich) einen 30 Grad Winddreher und fahre zeitweise nach Nordwest bis ich den Fehler bemerke.
Bei Sonnenaufgang passiere ich den Point de Penmarc’h und der Wind dreht zurück, jetzt müsste ich eigentlich den direkten Kurs auf das Plateau de Rochebonne vor La Rochelle nehmen doch mein Wendewinkel ist bei flauem Wind und großen Wellen so ungünstig dass ich stattdessen auf dem anderen Bug in Richtung Îles de Glénan fahre bis nachmittags endlich ein Winddreher und etwas mehr Wind kommt.
Die Küstennähe nutze ich um per Handy einen Wetterbericht abzuholen der mir für den Abend und die Nacht 20 bis 25 Knoten aus Südwest, morgens dann Süd ansagt. Das klingt nicht schlecht, zumindest Südwest würde einen Reach unter Fock bedeuten also fahre ich gen Süden und halte mich etwas rechts der Linie um ein wenig Puffer zu haben falls der Wind tatsächlich auf Süd drehen sollte. Der Wind nimmt zu, bleibt aber auf Südwest und bereits am nächsten Morgen um sechs Uhr runde ich das Plateau de Rochebonne, 4 Stunden bevor es mir das Routing vorausgesagt hatte. Die Nacht war bis auf einige Frachtschiffe ereignislos und ich komme dazu Schlaf zu tanken während wir mit 7 bis 8 Knoten vorankommen.
Als die letzte Tonne des Plateau de Rochebonne gerundet ist kann ich abfallen und setze den mittleren Spi, mit absolutem Traumsegeln: Sonnenschein, 16-20kn Wind der leicht auf Süd dreht. So rauschen wir mit 10 Knoten und schönen Surfs an der Südküste der Île de Ré vorbei in Richtung La Rochelle.
Eine Halse, dann weiter unter Spi zur Brücke, da steigt mir der Hochmut ein wenig in den Kopf und ich fahre mit Spi unter der Brücke durch. Ein Fehler denn noch zwischen den Brückenpfeilern muss ich die Spischot loswerfen: ein Düsen-Effekt sorgt dafür dass auf der Nordseite der Brücke 20 Knoten wehen und so berge ich keine 5 Meter hinter der Brücke den Spi und am Wind geht es an der Nordküste der Île de Ré wieder nach Nordwesten.
Der letzte offizielle Wegpunkt meiner Qualifikation ist jetzt gerundet und ich bin guter Dinge: nur noch 100 Meilen zu segeln.
Kaum liegt die Île de Ré hinter uns kann ich erst die Code5, dann den großen Spi setzen und wir fahren mit 5 Knoten in die Abenddämmerung hinein, im Kopf rechne ich bereits meine Ankunftzeit in Lorient aus.
Nach einigen Begegnungen mit Fischerbooten vor Les Sables d’Olonne die etwas zu nah für meinen Geschmack waren habe ich das Meer wieder für mich und fahre unter Spi in die Dunkelheit, dann flaut der Wind immer weiter ab und schließlich habe ich absolute Flaute, wieder mal. Die Nacht verbringe ich unter Deck auf meinem großen Spi schlafend, stelle mir aber für alle 30 Minuten den Wecker um zu sehen ob es Wind gibt. Doch es wird eine schlafreiche Nacht: erst morgens um 7 kommt ein Wind von 1-2 Knoten auf mit dem wir langsam wieder vorankommen.
Kurz danach kann ich den Spi wieder setzen und wir haben noch einmal traumhaftes Segeln: großer Spi, 12-15kn Wind, so kommen wir wieder mit 6-7 Knoten voran und können die Frachter die nach St. Nazaire ein- und auslaufen entspannt passieren.
Wir haben einen Anlieger zwischen Belle Île und Île de Quiberon direkt auf Lorient zu, die Sonne scheint, ich öffne meine letzte beste Verpflegung da schlägt die Flaute wieder zu. Es werden nervenzerreissende Stunden die ich südlich von Belle Île treibe, kein Windhauch weit und breit, keine Wolken und das Ziel Lorient zum greifen nah. Schlecht gelaunt kommentiere ich die Situation in meine GoPro und überlege mir ein anderes Hobby zu suchen.
Erst gegen Abend kommt ein wenig Thermik auf, der Wind kommt natürlich direkt aus Richtung Lorient: Also noch einmal eine letzte Kreuz mit eiskaltem Wind durch die Nacht, dann mache ich endlich morgens um sechs Uhr im Hafen von Lorient fest – 8 Tage und 17 Stunden nachdem ich ihn verlassen hatte.
Hier noch paar Impressionen vom Qualifier. Einige Fotos sind aus Videos rausgeschossen in denen ich was erzähle, daher manchmal die etwas komischen Grimassen.
Es war von vornherein geplant gewesen den Qualifier möglichst früh im Jahr zu segeln und so waren eigentlich alle wichtigen Vorbereitungen dafür bereits seit Ende Januar abgeschlossen, das Boot war quasi fertig gepackt und das Warten auf ein geeignetes Wetterfenster und eine Möglichkeit Urlaub vom Job zu nehmen begann. Es verstrichen zwei Monate bis endlich alles zusammen passte: Im Job so viel Ruhe dass ich problemlos eine Woche Urlaub nehmen könnte und gleichzeitig eine Wettervorhersage die zumindest für die ersten 4-5 Tage berechenbare Bedingungen versprach.
Am 4. April schlief ich erstmal aus und frühstückte entspannt, dann wurden noch letzte frische Lebensmittel gekauft und letzte Dinge von Bord gebracht, dann war ich gegen 12:30 Uhr soweit und lief aus. Nicolas D’Estais war so nett mich vom Ponton zu verabschieden und beim Auslaufen begegneten mir noch einige Minis die zum samstäglichen Training unterwegs waren.
Nach gut einer Stunde war ich aus der Ansteuerung von Lorient heraus und konnte mit Kurs West in Richtung der Îles de Glénan fahren. Erst noch mit Fock raumte der Wind nach und Nach und ich konnte mit mittlerem Spi und strahlendem Sonnenschein gut Strecke machen.
In der Nacht zu Dienstag kommt endlich wieder Wind auf und morgens reißt auch der Nebel auf, bei strahlendem Sonnenschein kann ich schließlich nach einigen Kreuzschlägen Coningbeg anliegen und direkt nach der Rundung den großen Spi setzen. Begeistert feiere ich die Rundung mit einem Bier, Schinken, Käse und Crackern.
Die Nacht kommt und ich rechne aus dass wir mit dem allerletzten Strom den Pt. du Raz durchfahren könnten und so kreuzen wir dahin. Damit es nicht zu langweilig wird bricht bei einer Wende mitten im engsten Teil der Schäkel der die Fock refft, wir wenden ungewollt und die Leeseite des Cockpits wird durch das Wasser gezogen denn das Groß ist vom Backstag blockiert.
Doch die Aufregung ist nur kurz, Groß und Backstag werden klariert, das Segel wird ausgerefft und um 1 Uhr nachts schaffen wir es durch die Meerenge und fahren zurück in die Bucht von Audierne…
(mehr im nächsten Teil)
Nach der Präsentation der neuen Pogo3 von Structures auf der Boot in Düsseldorf und der Berichterstattung in den diversen Segelmedien wird viel über den extrem vollen Bug gesprochen den man ja auch schon z.B. bei der Vendée Globe 2012 beim Open60 Macif gesehen hat.
Beim Training der Trainingsgruppe Lorient Grand Large hatte ich das Vergnügen mit meiner Pogo2 gegen fast alle aktuellen Modelle von Serien-Minis, u.a. auch die Ofcet 6.50 (866) sowie die Pogo3 (weißer Rumpf, da noch ohne Nummer), zu fahren.
Bei der Gelegenheit habe ich dann alle Serienboote sowie zwei Protos der vorletzten (754) und allerletzten Generation (Scow Bug 865) fotografiert (letzterer zog beeindruckend beim Starkwind im Reach an uns in einiger Entfernung vorbei).
Über die Jahre gut zu sehen ist wie der Bug am Anfang in die Höhe wächst (Pogo1 in grün hat fast keinen Decksprung), und sich dann die Breite von oben herab immer weiter nach unten vorarbeitet (schön zu sehen bei z.B. D2 vs. Pogo2 die an Deck fast die gleiche Form haben, die D2 aber das Volumen schon stärker nach unten zieht).
Den Geschwindigkeitsvorteil von 0.5kn am Wind (der bei der Pogo3 momentan immer wieder zitiert wird) haben wir beim Training bei keinem der neuen Designs bislang gesehen, da konnten noch alle Generationen gut mithalten. Das war durchgehend der Fall in den von extrem flau mit max 4kn und richtig Druck bei 28kn und 3m Welle an den Wochenenden durchaus abwechslungsreichen Bedingungen.
Wird aber wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit sein bis die Segler den Dreh raus haben. Gerade bei der Pogo3 fiel im Video-Debriefing auf dass der Mast-Trimm bei beiden Booten noch nicht passte, auch einige Tweaker-Leinen fehlen meiner Ansicht noch. An der Pogo3 wurde auch noch mit unterschiedlich schweren Kielen sowie verschiedenen Segeln experimentiert.
Es wird spannend wie lange es dauert bis die Skipper die Erfahrung bezüglich des Gewichtstrimms / Stacking raus haben und die Boote voll kommissioniert haben.
Beim Reaching unter mittlerem Spi oder Code5 aber haben die älteren Designs schlechte Karten, da fehlt dann eindeutig Stabilität und Power. Bei Leichtwind scheinen die neuen Boote übrigens (leider?) wenig Nachteile zu haben, die Aussage von Structures zur Pogo3 dass die benetzte Fläche gleich groß wie die der Pogo2 sei scheint zu stimmen.
Damit wird es spannend zu sehen ob die neuen Modelle noch Kinderkrankheiten haben (wie z.B. die Ruderbeschläge die sowohl der Pogo2 als auch der Nacira am Anfang stark zusetzten) oder direkt vorne die Plätze einfahren. Argo 6.50 und RG650 haben mittlerweile ihren Serienstatus erreicht und auch die Schwachstellen scheinen identifiziert zu sein.
Anfang April, wenn die ersten längeren Regatten starten, werden wir schlauer sein.
Der Herbst kommt und damit gehen bei meiner Trainingsgruppe Lorient Grand Large die Herbst-Trainings wieder los.
Die Trainings beginnen Samstags normalerweise gegen 09:30 Uhr mit einem kleinen Briefing am Steg, direkt danach geht es los d.h. das Boot liegt bereits mit eingefädeltem Groß bereit. Um circa 16 Uhr ist man dann zurück im Hafen wo man gerade das nötigste am Boot verzurren kann bevor es zum Debriefing mit Videos, Fotos und Feedback geht. Bis man nach dem Debrief das Boot aufgeklart hat ist es dann schnell 20 Uhr. Am Sonntag das gleiche wieder, allerdings geht es häufig schon um 8 Uhr los.
Die einzelnen Wochenenden bauen auf einander auf und sind ein Mix aus Speedtests, Manöverübungen (Wende- oder Halsenduelle), Spaßrennen (wie das beliebte Spiel wer es in 20 Minuten am häufigsten schafft die rollbare Code 0 anzuschlagen, auszurollen, 2 Minuten zu segeln, einzurollen, abzubauen und ins Cockpit zu tragen) sowie am Ende des Tages meistens eine Regatta um einige Tonnen zurück in den Hafen.
Im Oktober liefen zwei Wochenenden im doublehanded-Modus bei denen der Focus hauptsächlich auf dem Segeltrimm lag wobei der Trainer Tanguy Leglatin immer wieder Feedback auf dem Wasser gibt um den perfekten Trimm zu finden und dann per Markierungen auf den Schoten, Fotos, etc. reproduzierbar zu machen, das letzte und kommende Wochenende sind nun Einhand-Trainings bei denen es hauptsächlich darum geht die Manöver zu optimieren.
Letzten Samstag hatten wir dazu recht sportliche Bedingungen, aus dem Atlantik kam eine recht beeindruckende Welle und dazu einen Wind der von Anfangs 12 Knoten zwischendurch auf 28 Knoten zunahm, sich dann aber bei knapp über 20 Knoten einpendelte.
Dabei fuhren wir einen sehr langen Am-Wind Speedtest gegen die Welle bei dem mit vorheriger Ansage des Trainers gewendet werden musste.
Es war wirklich interessant zu sehen wieviel man durch eine gute Wende gewinnen bzw. durch eine schlechte unmittelbar verlieren kann.
Anschließend nahm der Wind stark zu und unter gerefftem Groß und gereffter Fock versuchten wir die beliebte Code0-Übung (s.o.) zu machen. Die stellte sich bei dem böigen Wind und einer Bootsgeschwindigkeit schon ohne das Rollsegel von 9kn als durchaus sportlich heraus, noch dazu zickten einige Autopiloten und so musste man nebenbei noch aufpassen nicht in die Trainingskollegen hinein zu rauschen.
Als meine Code0 endlich gesetzt war segelte ich meine 2 Minuten, stellte dann aber Fest dass sich die Roll-Leine aus dem Furler gearbeitet hatte und sich das Segel dadurch nicht mehr einrollen ließ.
Die Übung war damit für mich vorbei und ich hatte meine liebe Mühe das immerhin knapp 30qm große Laminatsegel im Cockpit zu bergen.
Ich machte mich auf den Rückweg in Richtung Île de Groix/Lorient wo mich die Trainingsgruppe bald bei der nächsten Übung unter Code5 einholte und wir rauschten mit 12-16 Knoten unter dem kleinsten Spi zurück in Richtung Lorient.
Der Sonntag war hingegen absolutes Kontrastprogramm. War die Ausfahrt aus Lorient noch ein spannendes Unterfangen als unsere immerhin aus 12 Booten bestehende Flotte unter großem Spi aus der Bucht heraus halste so war der Wind ab dem Ausgang des südlichen Fahrwassers wie ausgeschaltet. Grund war ein Tiefdruckgebiet in dessen Zentrum wir uns befanden. Beeindruckende Wolkengebilde zeigten sich am Horizont, über uns aber blauer Himmel und kein Windhauch.
Gute 2 Stunden versuchten wir daraufhin unter Code0 (die Rollanlage hatte ich mittlerweile repariert), Code5, großem Spi und jeder anderen erdenklichen Segelkombination irgendwie vorwärts zu kommen, dann drehten wir gegen 14 Uhr ab in Richtung Lorient wo ein kleiner Windhauch gerade lange genug dauerte um uns in Richtung Hafen zu pusten.
Für morgen ist wieder wenig Wind angesagt, mal schauen wie das so wird.