Seit der Gründung des Mini Transat (bzw. des Vorgängers “poor man’s race”) gab es erst 11 deutsche Teilnehmer von denen es 9 ins Ziel schafften.
Jörg Riechers (2009 Aufgabe,2011 5.) und Henrik Masekowitz (2007 22. Platz, 2013 Boot aufgegeben) sind jeweils zweimal angetreten und mussten beide einmal das Rennen wegen Kielproblemen abbrechen.
Das beste Ergebnis eines deutschen war Jörg Riechers’ 5. Platz in 2009 in der Protowertung.
Als Einhandsegler hat man ein entscheidendes Problem: man muss irgendwann mal schlafen.
Aber während man schläft geht niemand Ausguck d.h. es besteht die Gefahr einer Kollision. Um diese Gefahr zu reduzieren schlafen Einhandsegler immer nur in kurzen Intervallen von ca. 15-20 Minuten.
Doch woher kommt diese Zahl? Warum nicht gleich 40 Minuten? Wieso nicht nur 10?
Das größte Risiko für uns als Mini-Segler ist die Kollision mit einem Fischerboot oder einem Frachtschiff. Da diese häufig nicht ausweichen (können) muss man als Einhandsegler darauf achten im Zweifelsfall noch selbst ausweichen zu können.
Wir müssen also wissen wie lange es dauert bis ein anderes Schiff von der Grenze unseres Sichtbereichs (wo wir es noch nicht sehen können) bis zu uns gefahren kommt.
Und das kann man berechnen!
Die Formel hierfür lautet (vereinfacht):
Sichtweite in Seemeilen = 2,1 x ( (Wurzel aus der Höhe des anderen Schiffs in Metern) + (Wurzel aus der eigenen Augenhöhe in Metern) )
Mit meinen ca. 1,75m Körpergröße gehe ich mal vereinfacht von einer Augenhöhe von 2m aus.
Wenn ich nun ein Fischerboot dessen Toplicht in einer Höhe von 10m angebracht ist über dem Horizont sehe dann ist das andere Schiff ca. 9,6sm entfernt.
Handelt es sich um ein Frachtschiff mit einer Höhe von 20m dann kann ich es ab ca. 12,3sm entdecken.
Welche Zeit vom ersten Sichtkontakt bis zu einer theoretischen Kollision vergeht richtet sich entscheidend nach der Annäherungsgeschwindigkeit zwischen meinem Boot und dem anderen Schiff.
Gehen wir mal von einem Fischerboot aus dass mit 8kn fährt und ich mit 5kn am Wind fahre und beide direkt auf einander zufahren (also die Annäherungsgeschwindigkeit ist 13kn) dann dauert es 44 Minuten bis zur theoretischen Kollision.
Beim Frachtschiff (20m hoch) dass 30 Knoten fährt und auf das ich Downwind mit 10kn zufahre (Annäherungsgeschwindigkeit 40kn) hat man bereits nach 18 (!) Minuten einen gemeinsamen Ort erreicht.
Es wird also vom Wetter (=eigene Geschwindigkeit) und der Art der Schifffahrt in der Gegend (=Geschwindigkeit des anderen) abhängen wie lange man am Stück schläft.
Ich persönlich schlafe im Schnitt zwischen 15 und 20 Minuten am Stück.
Wie ich sicherstelle dass ich danach auch wirklich aufwache erkläre ich demnächst separat.
Die Boote der Mini Klasse sind unsinkbar weil sie über Festauftrieb aus Schaum verfügen. Bei den Serienbooten sind mindestens 1600 Liter Volumen Festauftrieb vorgeschrieben. Somit kann das Boot selbst dann nicht sinken wenn es voller Wasser läuft.
Wen es interessiert: die vorgeschriebenen Volumina sind hier definiert.
In meinem Job als Softwareentwickler arbeiten wir nach dem “Scrum” Modell der agilen Softwareentwicklung.
Das ist ein Vorgehensmodell bei dem die Arbeit in zeitlich vorgegebene “Sprints” unterteilt (z.B. 4 Wochen) wird an deren Ende jeweils wieder ein funktionsfähiges Stück Software stehen muss.
Das steht im Gegensatz zum klassischen Ansatz bei dem ein fester Projektumfang definiert wird der erreicht werden soll und bei der einer langen und detaillierten Planungsphase eine sehr lange Umsetzungsphase folgt an deren Ende das fertige Produkt steht.
Sprints sorgen hingegen dazu dass man “agiler” ist, d.h. schneller auf sich Verändernde Anforderungen oder aber auch Rahmenbedingungen, wie z.B. die verfügbaren Ressourcen, reagieren kann und am Ende eines Sprints trotzdem ein “Produkt” hat das zwar möglicherweise weniger Funktionen hat aber eine fertige Komponente darstellt.
Als ich mir heute die Liste der offenen ToDos ansah von denen einige bis zum Pornichet Select 6.50 (dem ersten Rennen für mich dieses Jahr am 13.4.) erledigt sein müssen, andere aber noch bis zum Start des Azorenrennens im Juli Zeit haben da fielen mir die Parallelen zu meinem Job auf.
Das “Produkt” in diesem Sinn ist die Kombination aus einem rennfertig vorbereitetem Boot und einem ebenso vorbereiteten Skipper.
Also habe ich beschlossen meine weitere Vorbereitung von nun an in Sprints zu organisieren an deren Ende sowohl ich als auch das Boot theoretisch sofort zu einem Rennen ablegen könnten.
Und das ist gar nicht so einfach wenn man sich ansieht welche Themen die ToDo Liste momentan enthält. Die beginnt beim Rigg (Mast trimmen, Fallen spleissen) über Elektrik (Sicherungskasten überarbeiten, Brennstoffzelle einbauen), Elektronik (Data Logger neu verkabeln, neuen Wecker an Kollisionsalarm des AIS anschließen) über persönliche Vorbereitung (Fitness, Wetter-Wissen).
Auch diese Thematik ist mir als Softwareentwickler wohl bekannt. Bei der (Weiter-)Entwicklung eines Produkts gibt es häufig verschiedene Aspekte die gleichzeitig vorangetrieben werden müssen, z.B. Entwicklung neuer Features, Bugfixing, Performanceoptimierung, Schnittstellendefinition, Dokumentation, etc.
Da die Effektivität massiv sinkt wenn man sich andauernd einem neuen Thema zuwenden muss legen wir in der Softwareentwicklung daher regelmäßig sogenannte “Brouhaha”s ein.
Ein Brouhaha ist ein Zeitraum von 2-5 Tagen an denen man sich ausschließlich einer bestimmten Thematik, z.B. Performanceoptimierung, widmet. Es ist erstaunlich welche Fortschritte sich bei einem so fokussierten Arbeiten binnen weniger Tage erzielen lassen.
Dieses Vorgehen werde ich ebenso auf meine Rennvorbereitung adaptieren und in meine Sprints je nach Bedarf Brouhahas einlegen um einen besonderen Teilbereich der Vorbereitung fokussiert abschließen zu können.
Also, Sprints und Brouhahas werden hier die nächsten Wochen und Monate dominieren, es sind nur noch 4 1/2 Monate bis zum Start des Azorenrennens und bis dahin wollen knapp 2000sm erfolgreich gesegelt worden sein.