Pornichet Select 2017

Am 22. April stand der Start zum Pornichet Select an: 330 Seemeilen solo, vor der französischen Atlantikküste.
Ich hatte mich schon sehr auf das erste Rennen mit dem neuen Boot gefreut und sollte nicht enttäuscht werden, auch wenn nicht alles so lief wie geplant…

Zunächst mal hatte ich die Woche vor dem Rennen mit einer Lebensmittelvergiftung zu kämpfen, die mich ziemlich ausser Gefecht gesetzt hatte und wegen der ich mir sogar eine Erlaubnis von der Regattaleitung und Klassenvereinigung holte, später erst in Pornichet anwesend zu sein.
Somit musste der ganze Papierkram und der Sicherheitscheck dann im Kurzprogramm ablaufen, aber dank Andrea’s Hilfe war das alles dann doch bis Freitag Mittag erledigt und das Boot rennfertig vorbereitet. Für meine eigene Vorbereitung blieb dann aber nicht mehr viel Zeit. Ausser einigen ausgedruckten Screenshots von Windvorhersagen würde ich das Rennen ganz klassisch mit meinen Wegepunkten im GPS und Papierkarten hinter mich bringen.

Am Samstag selbst kam ich beim 2. Start (beim ersten gab es einen generellen Rückruf) einigermaßen gut weg, nach einer beinahe-Kollision mit einem anderen Boot – dessen Autopilot auf einmal massiv anluvte – landete ich dann aber nach einer Panikwende im hinteren Drittel des Feldes und so ging es dann auch unter großem Spi aus der Bucht von La Baule heraus.
Samstag Nachmittag wurde es dann erst zu einem Code Zero-Kurs, der sehr gut lief, dann schlief der Wind weiter ein und ich hatte Probleme, das Boot bei dem leichten Wind auf einem Am-Wind-Kurs am Laufen zu halten. Gegen Abend dann fuhren wir durch die Passage de la Teignouse südlich von Quiberon und hielten mit einem Schrick in den Schoten auf die Wendemarke, den Leuchtturm Birvideaux zu.
Auf den letzten 3 Meilen zum Leuchtturm backte der Wind massiv, so dass ich das Gefühl hatte die Code5 (sehr flachen Spi) setzen zu müssen. Dabei vergeigte ich das Manöver aber so grundsätzlich, dass ich auf einmal die Code5 hinter dem Schiff in den Ruderblättern hängen hatte, mein Bugspriet war nicht mehr zu sehen.
Frustriert drehte ich das Boot in den Wind und segelte rückwärts, um die Code5 wieder zu entwirren und das klitschnasse Segel aus dem Wasser zu bergen, im Hinterkopf plante ich schon meinen direkten Kurs auf Lorient – denn ohne Bugspriet weiterzufahren erschien mir sinnlos.
Als ich aber zum Bug ging um die Reste des vermeintlich gebrochenen Bugspriets zu bergen, tauchte dieser wieder auf. Er war einfach nur direkt vor dem Bug senkrecht nach unten geklappt, hatte die ganze Aktion aber heil überstanden! Lediglich der Mechanismus, der den Bugspriet eigentlich waagerecht halten soll war mitsamt Nieten aus dem Metall gerissen.

Das Rennen konnte weitergehen und ich hielt auf Birvideaux zu, obwohl die Anstrengung meinem angeschlagenen Magen nicht gut tat und ich mit Magenkrämpfen an Deck saß.
Kaum war Birvideaux gerundet, lief ich vor dem Wind auf einem tiefen Kurs ab und reparierte den Bugspriet, ausserdem mussten noch die Tackline und die beiden Achterholer klariert werden, die sich ebenfalls am Kiel bzw. Ruderblättern verheddert hatten.

Jetzt folgte ich der Flotte, die sich auf einem Close-Reach mit Fock und Groß nach Süden bewegte. Also trimmte ich die Fock, band ein Reff ins Groß und machte mich ans aufholen. Der Wind nahm auf beständig 20 Knoten, teilweise 28 Knoten zu, so dass ich nach einiger Zeit ein zweites Reff ins Groß band, ansonsten war die folgende Nacht ereignislos. Ich hätte wahrscheinlich deutlich mehr aus den Bedingungen machen können und müssen, war aber einfach zu müde und so war ich damit zufrieden, nicht den Anschluss an die Flotte verloren zu haben.
Noch in der Nacht passierten wir die Île d’Yeu und in den Morgenstunden begann ein Am-Wind Kurs bei nur noch 5-8 Knoten Wind nach Les Sables d’Olonne, wo wir gegen eine kurze Hackwelle anfahren mussten. Wie auch am Tag zuvor, fiel mir dies unglaublich schwer und ich musste den Piloten steuern lassen, um einigermaßen mit meinen Konkurrenten mithalten zu können.

Als wir um 12 Uhr die Tonne “Nouche-Sud” vor Les-Sables-d’Olonne rundeten, war ich in einer Gruppe von ca. 5 Booten vor, und 4 Booten hinter mir. Die Boote um mich herum zogen ihre großen Spis und fuhren davon, doch ich konnte das Boot unter dem großen Spi einfach nicht stabil bekommen. Immer wieder fuhren wir heftige Sonnenschüsse, einer war so heftig, dass mir meine brandneue mobile Solaranlage von Bord gerissen wurde! Damit war meine einzige Möglichkeit, die Batterien zu laden weg. Ab jetzt hieß es also auch noch Strom zu sparen.

Aus dem Reach wurde eine kurze Am-Wind-Phase, die sich nördlich von der Île d’Yeu wieder in einen Reach unter Code-Zero entwickelte, womit ich sehr gut klarkam. Diese Besegelung sollten wir bis zur Nordspitze der Île de Groix fahren und dabei glücklicherweise einige Boote wieder einsammeln, die uns am Vortag überholt hatten.
Nach einer kurzen Kreuz zwischen der Île de Groix und Lorient hatten wir dann einen Anlieger auf die Île de Quiberon und ich hatte das Gefühl, ganz gut positioniert zu sein. Doch als wir die Südspitze der Île de Quiberon rundeten mussten wir wieder auf einen flauen Am-Wind Kurs und Stan zeigte mir wie es geht, indem er mir innerhalb einer Stunde eine halbe Meile Rückstand in Vorsprung verwandelte und dabei auch noch höher fuhr als ich…
Im Laufe des Vormittags kam dann auf einmal auch noch die Ofcet 891 von hinten unter Code Zero auf einem sehr spitzen Winkel angefahren und kam immer näher. Ich war überzeugt davon, auf diesem spitzen Winkel meine Code Zero nicht nutzen zu können und saß mehr oder weniger hilflos da und sah zu wie er mich überholte. Erst als er querab war, probierte ich es auch und siehe da, natürlich funktionierte es! Warum hatte ich Idiot das nicht schon vor einer Stunde probiert!?

Nun waren alle aus meiner lokalen Gruppe ca. 0.2-0.5 Seemeilen vor mir, als wir die letzte Wendemarke am Plateau du Four rundeten und in einem Drag Race auf Pornichet zuhielten. Immer noch unter Code Zero waren wir alle schnell unterwegs und obwohl die Ofcet 891 und ich auf Stan (742) und Simon (796) aufholten, so kamen wir doch nicht richtig in Schlagdistanz. Dann spitzte der Wind an und wir mussten in die Bucht von Pornichet kreuzen. Vor mir mittlerweile 742, 796, 891 und die 502 – die mit Pilotenprobleme zu kämpfen hatte und von unserer Gruppe eingeholt worden war. Und ich letzter in der Gruppe…
Es entbrannte ein wildes Wendeduell bei dem mich die 891 klassisch deckte, nur einmal gelang mir der Split, woraufhin die 502 aber gleich auf mich rauf wendete. Es war zum Haare raufen.
Alle hielten auf Steuerbordbug rechts vom Ziel zu, nur Simon war auf anderem Bug in Richtung Strand unterwegs. Das sah ich nun auch als einzige Möglichkeit, noch etwas zu ändern und wendete ebenfalls. Nach einigen Minuten konnte ich das Zielboot in der Ferne querab erkennen und wendete wieder, doch ich musste Abfallen, war ca. 5 Grad zu niedrieg und würde nochmal wenden müssen.

Als ich 300m vom Ziel entfernt bin, setzen auf einmal mehrere heftige Böen ein, ich kann mit jeder Böe ein wenig mehr Höhe rausfahren. Ich schaue nach Lee, von dort kommt die 891 auf Wegerechtbug auf mich zu, er kann die Ziellinie anliegen. Doch ich schaffe es, vor ihm zu passieren und auf ihn drauf zu wenden, 20m vor der Ziellinie!
Doch es ist noch nicht vorbei, er fällt ab und nutzt seine Speed um in Lee durch zu kommen, während ich erst wieder beschleunige. Er ist auf gleicher Höhe und ein wenig schneller, doch die Ziellinie liegt schräg, ich bin näher dran… Ich wende noch einmal, um die Nase als erster über die Linie drücken zu können und tatsächlich, ich werde als erster abgeschossen, die 891 nur wenige Sekunden nach mir: auf den letzten zwei Wenden habe ich doch noch zwei Pläte gutgemacht.

So endet mein erstes Rennen mit ORAFOL/Haya (921) dann auch mit gemischten Gefühlen: Es hat unglaublich Spaß gemacht, aber das Boot ist deutlich anders als die Pogo2. Gerade beim Segelplan, als auch beim Trimmen sind die Boote sehr unterschiedlich und ich muss definitiv noch einiges Lernen.
Doch dafür, dass ich über ein Jahr lang keine Solo Regatta gesegelt war und überhaupt wenig zum Segeln kam, war es doch gut zu sehen dass einige Automatismen noch funktionierten.

Das nächste Rennen ist das Mini en Mai, 500sm solo, mit Start am 9. Mai.

Logbuch vom 27.09.2015

Track 27.09.2015
Zum einjährigen Jubiläum meiner Mini Transat Teilnahme 2015 veröffentliche ich hier jeweils exakt ein Jahr danach die jeweiligen Logbucheinträge.

Neunter Tag der 1. Etappe, der 27.09.2015:
Der letzte ganze Tag der ersten Etappe, war wie der vorherige auch, relativ ereignislos. Ein erster Vorgeschmack auf die zweite Etappe, denn bei reinen Spi-Bedingungen war es eigentlich immer nur eine Frage ob man ein Reff mehr ins Groß steckt oder nicht und ob man die Outrigger verwendet oder nicht.
Renntechnisch war es der Tag der Wahrheit bei dem die vier am östlichsten platzierten Boote (Jaanus, Quentin, Benoit und ich) in den sauren Apfel beissen und einen Schlag nach Westen machen musste um nicht an die Schwachwindzone vor der afrikanischen Küste zu geraten. Da die Konkurrenz im Westen direkt weiter nach Süden segeln konnte kostet uns das alle einige Plätze, ich falle vom 27. auf den 30. Platz zurück.

Der Tag ist mir auch in Erinnerung geblieben weil es Spaß gemacht hat, sich mit Benoit über Funk auszutauschen und sich zu battlen, auch wenn er mir dabei in wenigen Stunden 15 Meilen abnimmt und sich vor mich schiebt: der Mann kann eben einfach hervorragend segeln!
Anbei noch ein Screenshot vom Adrena-Track, dieses Mal wieder mit Farbkodierung der Zielgeschwindigkeit, man sieht dass ich offenbar häufig nur um die 80% gefahren bin.
Performance 27.09.2015
Wo ich die restlichen 20% gelassen habe würde mich rückblickend schon ziemlich interessieren.

00:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNE 11-15 1.5m 7/8 Sc 1016.0 N32°39.2 / W012°27.9 Groß + Solent + Big Spi 185 7.0kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
keine

03:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
N 10-12 1.5m 8/8 Sc 1014.8 N32°16.4 / W012°31.1 Groß + Solent + Big Spi 182 6.0kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
0400: Wind ist stark böig: 2 Reffs ins Groß

06:15

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
N 10-15 1.5m 7/8 Sc 1014.5 N31°54.0 / W012°27.4 Groß(–) + Solent + Big Spi 167 8.6kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
0615: Wind dreht links und drückt uns vom Ziel weg. Wann ist der beste Zeitpunkt zum Halsen? Werde den Wind noch ein wenig beobachten.
0630: exakt 200sm bis Lanzarote!!!
1150: Benoit meldet sich per VHF, ist auf dem anderen Bug und glaubt das macht mehr Sinn, hat besseren Wind als weiter östlich. Bin überzeugt: Halse!

12:21

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNE 5-8 1m 5/8 Ci/Cc/Cb 1014.5 N31°15.0 / W012°28.5 Groß + Solent + Big Spi 250 5.0kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
1221: Habe soeben fast eine Schildkröte überfahren aber sie taucht glücklicherweise im letzten Moment weg. Eine andere Schildkröte passiere ich in ca. 15m Abstand, sie streckt den Kopf aus dem Wasser und beäugt mich interessiert. Cool!
1300: habe eben nochmal mit Benoit gesprochen, wir haben ausgemacht morgen um 14 Uhr im Ziel zu sein und ein Bier zu trinken (Anm: Benoit sollte das schaffen, ich komm etwas später).

14:05

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NE 5-7 1m 3/8 Ci/Cc/Cb 1014.2 N31°10.5 / W012°37.6 Groß + Solent + Big Spi 253 7.2kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
1430: eben das aufgezeichnete Classement angehört: 28er bei den Serienbooten. Benoit 10, Quentin 15sm hinter mir, das wird knapp.
Dominik noch 320 Meilen, hat der irgendwo gestoppt?!
Victor 40sm vor mir, Katrina hat 410sm bis Lanzarote, WTF?

18:25

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
N 8-10 1-2m 3/8 Ci/Cc/Cb 1014.8 N30°54.3 / W013°04.3 Groß + Solent + Big Spi 175 7.8kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
Um 18 Uhr gehalst.
2300: Wie unglaublich gut kann ein Segelabend sein? Es ist warm, ich sitz im Longsleeve und Shorts an Deck, wir fahren nie unter 7kn, in den Surfs an die 10kn und jetzt schau ich hoch und es scheint eine Mondfinsternis zu geben. Wahnsinn!!!

Logbuch vom 26.09.2015

Track 26.09.2015
Zum einjährigen Jubiläum meiner Mini Transat Teilnahme 2015 veröffentliche ich hier jeweils exakt ein Jahr danach die jeweiligen Logbucheinträge.

Achter Tag der 1. Etappe, der 26.09.2015:
Wir segeln auf Höhe Madeiras in Richtung der Kanarischen Inseln. Rückblickend hätten es ein paar Halsen weniger an dem Tag auch nicht geschadet.

04:21

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
N 5-8 1.5m 8/8 Sc 1016.2 N34°32.7 / W011°50.9 Groß(-) + Solent + Med Spi 225 6.3kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
0421: War nach dem Spiproblem recht platt und hab einige Schlafsessions eingelegt. Intensiv geträumt, teilweise beim Aufwachen nicht gewusst wo ich bin. Haben um 0400 gehalst. Sind ungefähr auf der Rhumbline.
0730: Halse
0740: Big Spi gesetzt

10:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
N 10-15 2m 7/8 Sc 1017.4 N34°09.7 / W012°05.8 Groß(-) + Solent + Big Spi 159 7.7kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
keine

12:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNE 10-15 2m 7/8 Sc 1017.2 N33°51.0 / W012°09.1 Groß(-) + Solent + Big Spi 224 7.8kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
keine

15:40

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNE 6-9 2m 7/8 Nc/Sc 1016.1 N33°31.8 / W012°27.2 Groß(-) + Solent + Big Spi 168 6.0kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
1540: Wale Stb querab! 5-6 Tiere, kann leider nicht mehr erkennen.
1710: Höre Quentin abgehackt auf dem VHF. Versuche ihn zu rufen aber ohne Erfolg.

18:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
N 6-11 2m 4/8 Ci/Cc/Cb 1016.4 N33°18.1 / W012°20.3 Groß(-) + Solent + Big Spi 166 6.9kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
Das erste Mal seit 4 Tagen scheint die Sone!!!

21:20

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNE 6-11 2m 6/8 Ci/Cc/Cb 1016.4 N33°01.2 / W012°26.1 Groß(-) + Solent + Big Spi 172 7.7kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
2120: krasser Rechtsdreher. Wir halsen!
2150: unsere True Wind Direction stimmt nicht. Habe vor und nach der Halse die Winkel notiert und das Offset angepasst.
2230: In meinem heutigen Überraschungs-Umschlag war eine Karte und Foto von Heiner & Jonte. Hab mich sehr gefreut!!!

Logbuch vom 25.09.2015

Track 25.09.2015
Zum einjährigen Jubiläum meiner Mini Transat Teilnahme 2015 veröffentliche ich hier jeweils exakt ein Jahr danach die jeweiligen Logbucheinträge.

Siebter Tag der 1. Etappe, der 25.09.2015:

Wir haben in den frühen Morgenstunden den südwestlichsten Zipfel Portugals hinter uns gelassen und nehmen direkten Kurs auf die Kanarischen Inseln.
Es ist interessant das Logbuch dieses Tages zu lesen, denn es ist ziemlich vollgeschrieben. In meiner Erinnerung hatten sich diese Ereignisse auf mehrere Tage verteilt anstatt an diesem einen Tag stattzufinden.
An die Nacht zu diesem Tag erinnere ich mich aber deutlich denn ich hatte um ca. 22 Uhr einige Schlaf-Sessions eingelegt um für die Nacht fit zu sein und war absolut erstaunt als ich um 23 Uhr zum Rudergehen an Deck kam und es so warm war dass ich mein Ölzeug gleich wieder auszog: endlich Passatsegeln!
Wie stark sich die Windstärke mit der Ost-West-Verteilung ändern sollte erfuhr ich erst später. Im Gegensatz zu der Zeit vor der portugiesischen Küste war es nun nämlich so dass man mehr Wind hatte je weiter westlich man war. Warum das so war muss ich eigentlich noch mal einen Wetterguru fragen, mir ist es immer noch nicht klar, auch nicht wenn ich mir die Wetterkarte anschaue:

Ein Tag also mit viel Wetterbeobachtung, aber dafür einer einfachen Segelwahl – großer Spi – sonst ereignislos. Dachte ich…

00:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
WNW 11-14 1-2m 7/8 Cn 1018.8 N37°21.8 / W011°27.2 Groß + Solent + Big Spi 199 n/a

Bemerkungen aus dem Logbuch:
Im Longsleeve um 23 Uhr an Deck sitzen und in nicht Enden wollenden Surfs eine weiße Spur in den Atlantik zu ziehen: unbezahlbar.

03:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
WNW 10-12 2.5m 8/8 ? 1018.0 N37°00.0 / W011°32.2 Groß + Solent + Big Spi 189 8.6kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
keine

06:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNW 10-12 1.5m 8/8 Sc 1018.0 N36°36.5 / W011°41.0 Groß + Solent + Big Spi 199 7.1kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
0400: Jaanus (787) hat sich per Funk gemeldet, sieht mich wohl auf dem AIS. Ich ihn nicht. Er ist guter Dinge, sagt aber er segle unter Code5 (?). Tauschen Positionen aus. Jaanus ist auf: N37°15.0/W11°19.6
0830: Wind flaut ab, Barometer steigt (jetzt schon 1018.6). Haben gehalst, fahren jetzt 140 über Grund. Besser als nix. Mal schauen ob sich das im Nachhinein als Riesenfehler herausstellt…
Kein VHF/AIS Kontakt zu niemandem. Jaanus ist mit dem Proto wohl schon weggezogen, wo ist der Rest der Meute?
Wenn ich im heutigen Classement schlechter stehe sind die meisten anderen wahrscheinlich im Westen. Mal sehen…

10:30

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
N 8 1.5m 8/8 Cn 1019.6(!) n/a Groß + Solent + Big Spi n/a n/a

Bemerkungen aus dem Logbuch:
1030: Barometer steigt weiter, Wind flaut weiter und dreht NW-lich wie es aussieht. Segeln wir in einen Hochdruckkeil rein?
1040: Lt. Classement haben wir uns vom 29. auf den 27. Platz verbessert. Victor hat mich überholt – spricht m.E.n. für einen großen Ost-West-Split der Flotte. Führungsgruppe ist 200sm, Edouard 160sm vor mir. Krass, Go Ed!!!!!
1400: sehr flauer Wind, teilweise nur 4kn, dazu noch recht viel Welle. Steuere von Hand um das beste draus zu machen. Spischot-Outrigger sind montiert, bringen wirklich viel: Segel steht viel stabiler! Hab dazu die Fock geborgen.

15:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNE 10-12 2.5m 8/8 Sc/Cn 1017.6 N35°48.3 / W011°56.0 Groß + Big Spi 203 7.2kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
Wind! Barometer steigt wieder, Luftdruck sinkt, Wind dreht leicht östlich. Anscheinend mussten wir da einen kleinen Hochdruckkeil durchsegeln.

18:00

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
NNE 6-8 2m 8/8 Sc/Cn 1017.7 N35°29.4 / W012°06.4 Groß + Big Spi 199 8.0kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
1800: schwarze Wolkenwand zieht von Stb heran – bin gespannt was das jetzt bringt… – Update: nix passiert, außer noch dunklere Bewölkung.
2000: neuen M10-Kanister an die Brennstoffzelle angeschlossen. (bisheriger Verbrauch ca. 1L/Tag)
2100: Die Wolkendecke lockert gerade schlagartig auf, Wind flaut ab und dreht wieder stark. Segeln wir ins Hoch rein? Halse!

21:30

Wind Seegang Bewölkung Luftdruck Position Besegelung COG SOG
Nw 8-10 1-5m 4/8 ? 1018.3 N35°08.8 / W012°12.3 Groß + Big Spi 134 6.0kn

Bemerkungen aus dem Logbuch:
2130: Wind weht wieder leicht rück. Was für ein Kack-Bug!!!!
2200: Als ich unter Deck war ist der Tackline-Schäkel von selbst aufgegangen, der Pilot hat auf den veränderten Druck reagiert und dabei den Spi diverse Male um das Vorstag gewickelt. Leider teilweise inklusive Fockfall, teilweise zwischen Fockfall und Vorstag hindurch. Versuche ca. 30 Minuten lang das ganze von unten zu klarieren (nicht gerade einfach, auf dem Bugkorb balancierend). Bei Sonnenuntergang beschließe ich, in den Mast zu steigen. Als ich im Topp ankommen ist die Batterie meiner Stirnlampe leer, ich sitze im dunkeln und bekomme einen hysterischen Lachanfall. Wie absurd ist diese Situation? Kann glücklicherweise mit den Reflektionen des Topplichts das Segel vom Fall lösen, entwirren und heile (!) bergen.
Nach ca. 1h wieder an Deck, geht gleich der ungereffte Medium Spi hoch.
2300: Wind nimmt in Böen zu, ein Reff ins Groß. Fock dazu gesetzt.

Etmal: 176sm